Warum ich mich als Trauerrednerin zertifizieren lasse

Der November ist der passende Monat um mich diesem Thema einmal in der Tiefe zu widmen. Allerheiligen und Allerseelen liegen hinter uns. An diesem Sonntag wird der Volkstrauertag begangen und nächste Woche gedenken viele ihrer Verstorbenen mit dem Ewigkeit-, oder Totensonntag.

In vielen Ländern und Kulturen wird dieses Totengedenken auf die unterschiedlichsten Arten zelebriert. Denke man nur an den „Día de los Muertos“ in Mexiko, an dem in Lateinamerika mit farbenfrohen Umzügen, reichhaltigem Essen und lebendigen Feiern der Verstorbenen gedacht wird, womit sie eben ein Teil der Lebenden bleiben.

Der Ahorn ist in seinen unterschiedlichen, kräftigen Blatt-Färbungen besonders schön

Dieser Monat November in unseren Breitengraden lässt einen im Rückzug der Natur die eigene Sterblichkeit wahrnehmen, wie kaum ein anderer Monat. Nach einem letzten, großen farbenprächtigen Aufflammen des Herbstlaubs fallen die Blätter matt zu Boden. Morgens hüllt dichter Nebel die Landschaft in watteweiße Stille und die letzten Kraniche fliegen in prachtvollen Formationen und mit sehnsüchtigem Rufen gen Süden.

Die Tage sind kurz und vieles verlegt sich nach innen. Sowohl das alltägliche Leben, quasi wetterbedingt, als auch der Geist. Es beginnt eine Art der Rückschau auf das, was war, auf die Ernte des zurückliegenden Jahres und schon bald beginnt der Advent, also die Ankündigung des neuen Lichts.

Das eine neigt sich dem Ende, um dem Neuen Raum zu geben.

Leben und Sterben – ein Kreislauf

In unserer Gesellschaft haben der Tod und das Sterben keinen willkommenen Platz. Beides wird verdrängt, an den Rand gedrängt. „Darum kümmere ich mich später. Jetzt wird erst mal gelebt. Jetzt bin ich jung und will es immer bleiben!“ So oder so ähnlich könnte man es aus dem Verhalten vieler Menschen heraus interpretieren.

Ich möchte es gerne etwas differenzierter betrachten und wende mich dazu quasi dem anderen Ende zu: Der Geburt. Die werdenden Eltern freuen sich (günstigen Falls) auf die Ankunft des neuen Familienmitglieds, besuchen einen Geburtsvorbereitungskurs bei einer Hebamme, die dann auch bei der Geburt selbst zur Seite steht und auch in den anschließenden Wochen den den Weg dieses neuen Lebens beratend begleitet.

Früher war die Hebamme – im englischen wunderbar „midwife“ genannt – Mittlerin für beide Ereignisse: Sowohl für die Geburt, als auch für das Sterben.  Also in der Mitte zwischen Leben und Sterben. Wenn sie dann so ein frisches neues Menschlein in den Händen hielt, schaute sie, gemäß der alten Tradition und des alten Glaubens, genau und konnte erkennen, welcher der verstorbenen Ahnen sich da im Gesichtchen, in der Physiognomie des Neuankömmlings zeigte und wieder in die Familie zurückkehren wollte.

Das Wort Enkel kommt von „Ähnchen“, also kleiner Ahne. Eine Seele verlässt diese Erde, eine Seele kommt (zurück) auf diese Erde. Sehr gerne bemühe ich an dieser Stelle noch einmal die physikalische Idee, dass Energie laut Erstem Hauptsatz der Thermodynamik nie verloren geht. Sie wandelt sich, aber in der Summe bleibt sie immer. Ein Kommen und Gehen, vielleicht auch mal ein Hin-, und Herschwingen, alles in allem ein Kreislauf. Und das finde ich zutiefst beruhigend. Somit gehören für mich diese ursprünglich beiden „Berufsfelder“ der Hebamme sinnvoll zusammen.

Von Übergängen und Initiationen

Natürlich hat sich heute dank des medizinischen Fortschritts das Berufsbild der Hebamme massiv gewandelt. Ich möchte hier noch einmal auf die „midwife“ die Mittlerin, zurückkommen: Sowohl Geburt als auch Tod, das Leben und das Sterben sind die beiden großen Mysterien, die wir mit dem aktuellen Tagesbewusstsein nun ein einiges Mal erleben.

Die wenigsten haben eine konkrete Landkarte und Bedienungsanleitung in er Hand: Wo komme ich her? Wohin geht es? das sind die großen Menschheitsfragen. In den unterschiedlichen Traditionen und Religionen haben sich nun verschiedene „Erklär-Modelle“ entwickelt, um diesem Unfassbaren einen greifbaren Rahmen zu geben.

Da wir Menschen – von Grund auf – soziale Wesen sind, begleiten wir uns und unsere Wege. Jede und jeder hat da seine Spezialisierung: Einer backt Brötchen, eine operiert Hüften, einer erzählt Geschichten, eine fischt Nichtschwimmer aus dem Becken – je nach Veranlagung, Begabung, Fähigkeiten und Interesse.

So sind manche Menschen eben für die Übergänge, Schwellen-Ereignisse und Initiationen geeignet. Beerdigung, Hochzeit und Taufe, allesamt sind ursprünglich Initiationen, eben Übergänge in einen neuen (Lebens-)Abschnitt.

Vom Kopf her ist das sicher vielen von uns klar. Wie aber lässt sich das jeweils im eigenen Lebenslauf oder Lebensabschnitt umsetzen? Ich glaube, dass vielen von uns diese natürliche Hingabe, das Urvertrauen in die archetypischen Seelen-Bilder verloren gegangen ist. Vielleicht auch nur das Wissen darum oder schlicht die Phantasie. Und das führt meines Erachtens dazu, dass der Kreislauf als solches nicht mehr erkannt wird und das unabsehbare Ende eben weit hinter den Intellekt, in mehr oder weniger düstere Nischen verdrängt wird.

Was hat die Kirche damit zu tun

Ich persönlich kann mit dem Bild vom Anfang und Ende des menschlichen Lebens oder dem Codex, den die christliche Kirche vermittelt, trotz eingehender Beschäftigung, nicht besonders viel anfangen. Ein System, das auf der Idee der Erbsünde basiert, mit mehr oder weniger drastischen Bildern von Schuld und Sühne arbeitet, entspricht nicht meiner Idee, meiner Vorstellung, meinem Glauben, dass wir Menschen auf dieser Welt ein Teil des Großen und Ganzen und Schönen sind.

Dazu habe ich bereits geschrieben und dazu werde ich bei anderer Gelegenheit sicher wieder schreiben. Hier dient mir der Bogen über die Kirche zur Feststellung, dass von Jahr zu Jahr die Kirchenaustritte zunehmen – und das hat seine Gründe, die ebenfalls an anderer Stelle detaillierter beleuchtet werden können.

Fakt ist, dass diesen Menschen, wenn sie denn aus der Kirche ausgetreten sind, sie also nicht mehr Teil einer christlichen Glaubensgemeinschaft mehr sind, kein Begräbnis mit Pfarrer mehr zusteht. Und das ist völlig richtig und nachvollziehbar. Fakt ist aber ebenfalls, dass sich viele Menschen, wenn es denn ans Sterben geht, auf ein tragendes System berufen wollen, sich sicher begleitet wissen wollen auf diesem nun vor ihnen liegenden unbekannten Weg. Und da bietet die Kirche bisher noch den versierteren, den landläufig bekannteren Weg. Kurz zu meiner eigenen Person: ich bin evangelisch getauft und nie aus der Kirche ausgetreten, zahle meine Kirchensteuer bereitwillig. Ich bin kein aktives Mitglied einer bestimmten Gemeinde, erlebe aber, dass in vielen evangelischen Gemeinden zum Teil so nötige soziale und menschliche wertvolle Arbeit  geleistet wird. Das gilt es zu unterstützen. Ich kann mich dem verbindenden Gefühl eines gemeinschaftlich gebeteten Vater Unser genauso hingeben, wie ich den meditativen Sog des Rosenkranzes genießen kann.

Im Anfang war das Wort – auch das ist einer der Grundpfeiler unserer religiösen Tradition. Über diesen Satz habe ich viel und tiefgründend nachgedacht. Ja, das Wort – die Sprache, sie ist das Mittel unserer Kommunikation. Sie bildet die Verbindung, schafft Nähe und Zugehörigkeit. Und damit bin ich wieder bei dem Hauptthema: Warum freie Trauerrednerin?

Sixtus Kirche in Schliersee. Hier habe ich meine bisher letzte Trauerrede gehalten und außerdem gesungen. Bekräftige hiermit meinen Wunsch, eigentlich nur noch in Kirchen singen zu wollen.

Ich bin froh und zuversichtlich, dass hier große Entwicklungen und Änderungen geschehen. Die Zahl der freien Trauerrednerinnen und Trauerredner steigt. Genauso auch die Zahl der freien Traurednerinnen und Trauredner. Was diese zwei kleinen Buchstaben „e“ und „r“ ausmachen. Zwischen Trau- und Trauer- liegt bestenfalls ein langes und zufriedenes Erwachsenenleben.

Ich möchte an dieser Stelle gerne kurz einweben, dass ich von Anfang meiner Gesangslaufbahn an, immer lieber auf einer Beerdigung als auf einer Hochzeit gesungen habe. Die Hochzeit ist oft ein hoch energetisiertes Ereignis, lange vorbereitet und noch länger mit Vorfreude erwartet. Diese Erwartungen, den schönsten Tag des Lebens damit zu erreichen, lassen bei mir immer schon eher das potentielle Ausmaß der darauffolgenden Ernüchterungen, wenn nicht sogar Enttäuschungen erahnen – aber das ist eine andere Geschichte.

Bei einer Trauerfeier sind die Menschen ernüchtert. Der Tod des Angehörigen hat sie in dieses Leben gerufen, sich mit Verlust, auch der eigenen Endlichkeit zu beschäftigen. Alle wissen hier, rum es geht. Um so mehr Alkohol fließt manchmal hinterher beim Leichenschmaus – Belegte Brötchen – Streuselkuchen. Und auch das ist gut so.

Warum mit Zertifikat

Neben den kirchlichen Gepflogenheiten im Zusammenhang mit Abschied und Sterben, gibt es in unserer Gesellschaft viele Regeln und Gesetze, und das ist über weite Strecken auch sehr gut so. Es ist sinnvoll, dass es medizinisch und hygienisch orientierte Standards, aber auch allgemeingültig Vorgaben zu Respekt und Pietät gibt.

Es ist aber auch gut, wenn in einer sich stets wandelnden Welt auch neue Ideen und Wege gegangen werden können. Gerade die letzten Wege.

Um hier nun ein klares und fundiertes Wissen zu erhalten, war Friedhofsvorschriften, Bestattungsgesetze und vor allem die Abgrenzung zum Fachbereich des Bestatter betrifft, habe ich mich zur Zertifizierung, also zur offiziellen Ausbildung entschlossen.

Omilia ist eine Online-Akademie, die nicht nur einer TÜV-Zertifizierung ihrer Ausbildung vorweisen kann, sondern deren Curriculum mich überzeugt hat. Die Lerninhalte sind vielfältig und gut strukturiert aufgebaut. Die wöchentliche Gesprächsbegleitung ist offen und zugewandt, der persönliche Austausch sinnstiftend und wertvoll. Nach meinem Abschluss werde ich Genaueres berichten.

Völlig unabhängig von diesem Zertifikat ist mein tiefe Überzeugung, diese letzten Wege mit Würde, in Würde und in der größtmöglichen Selbstbestimmtheit zu gehen und zu begleiten. Das bedeutet ganz konkret: Sich rechtzeitig auf diese Reise vorzubereiten. Ob es nun die letzte ist, sei hier jeder und jedem gemäß des eigenen Glaubens und Denkens offengelassen.

Wenn Sie im nächsten Sommer nach nach Canada, Kapstadt oder Feuerland reisen wollen, gehen Sie vielleicht klassisch in eine Reisebüro oder informieren sich anderweitig vorab.

Eine gedanklich übertragbare Form der Vorbereitung oder das Engagieren einer „Reiseleitung“ ist meines Erachtens auch für diese letzte besondere Lebensreise sinnvoll.

Es gibt bestimmte Schritte, bestimmte Handlungen, Gespräche, Zeremonien, die ALLEN Beteiligten das Abschiednehmen erleichtern können. Allein schon durch so praktische Informationen, wer wie und wo bestattet oder beerdigt werden will. Wessen Anwesenheit warum erwünscht oder eben nicht erwünscht ist. All das erleichtert es denen, die von dieser Erde gehen, aber auch denen, die Zurückbleiben. Reden, solange reden möglich ist. Wie sinnvoll und schön, wenn diese Begleitung durch eine Person geschieht, zu der ALLE im Lauf des Prozesses Vertrauen aufbauen können, die wie ein Wegweiser oder auch mal als Leitplanke die neuen und unbekannten Pfade beleuchtet – zumindest ein Stück weit.

Das Reich jenseits des Todes, jenseits der Geburt kennt niemand so ganz genau. Es wohnt all unseren Ideen, die wir dazu haben, immer etwas Mystisches, vielleicht sogar Unheimliches an.

Dabei muss ich an die Distel denken. Keiner mag sie berühren, das sie sticht. Sie birgt aber große Heilkräfte in sich.

Meine Vorstellung, meine Idee und mein noch weiter zu entwickelndes Konzept ist also, quasi Hebamme an der Schwelle des Lebens zu sein. Für die, die gehen und für die, die bleiben. Hier kommen die verschiedenen Ausbildungen, die ich in den letzten 10 Jahren eher im Stillen absolviert habe, zu einem schönen – ich möchte, Bezug nehmend auf den anfangs erwähnten „Día de los Muertos“, sagen – farbenfrohen Mosaik zusammen: Pflanzenheilkunde, Ethno-, und Energiemedizin, Natur-, und Gesundheits-Coach für Trauer und Krise.

Und dazu kommt noch meine 30-jährige Bühnen-Erfahrung, gepaart mit meiner ausgeprägten Freude am Geschichten erzählen und dem nötigen Einfühlungsvermögen, wer wann zu welcher Geschichte werden könnte. „Im Anfang war das Wort“ und wohl gewählte Worte schaffen bleibend schöne Erinnerung.

Von Holunder und Eibe

In unserer alten vorchristlichen Tradition, die sich vorrangig in den Märchen und Kinderreimen erhalten hat, gibt es klare „Wegweiser“. Frau Holle zum Beispiel, die unter dem Holunder zu treffen ist. Sie ist die Große Göttin, die tief in der Erde wohnt, alles Alte und Gestorbene in ihrem riesigen Kessel „zerkocht“ und transformiert und als Goldmarie oder eben als Pechmarie zurück über die Schwelle, durch das Tor in diese Welt schickt.

In Tirol ist es immer noch  Brauch, bei der dreitägigen Totenwache Holunderblütentee zu trinken. Ein Gedenken der alten Holle. Und so habe ich es mir zur lieben Gewohnheit gemacht, quasi als Ritual, wenn ich eine Trauerrede schreibe, nachdem ich mit den Angehörigen gesprochen habe, ebenfalls Holunderblütentee zu trinken. Dabei lasse ich das Erzählte, Erfahrene, Verschwiegene „in den Kessel der Holle sinken“ und schöpfe daraus die Rede, die Geschichte zur Verstorbenen Person, mit der diese noch ein letztes Mal in der vertrauten Gemeinschaft der Hinterbliebenen bedacht wird, besten falls ein Stück lebendig werden kann.

Köstlich leuchtet das Rot der Eibenbeere. Das Fruchtfleisch ist essbar, der Kern aber hoch giftig. Also: Finge weg.

Auch der Eibe sagt man nach, ein Totenbaum zu sein, häufig auf Friedhöfen anzutreffen. Tatsächlich ist alles an der Eibe giftig, bis auf das leuchtend rote Fruchtfleisch. Sie kann ungeheuer alt werden, manche vermuten in ihr sogar den alten germanischen Weltenraum Yggdrasil. Tatsache ist, dass sie aus ihren alten absterbenden Stammtrieben heraus, neue austreiben kann. Somit wie kaum ein anderer Baum für Verjüngung und Ausdauer über den Tod hinaus steht.

Soviel sei an dieser Stelle genug zu den Pflanzen-Mythen geschrieben.

„Irgendwann wächst Gras drüber“ – auch das ist eine gemeinhin bekannte Redensart. Sicher, irgendwann schließt sich die aufgerissene Scholle wieder, der Regen glättet die Erdoberfläche und das frische Gras will wieder wachsen. aber niemand kann vorab den Zeitpunkt bestimmen, wann das der Fall ist. Weder für sich selbst und noch viel weniger für andere. Was für eine fatale Einschränkung auf EIN Trauerjahr. Gewiss, das erste Jahr mit seinem Kreislauf durch Jahreszeiten, Geburtstag, Weihnachten und Todestag – allesamt zum ersten Mal OHNE, sind besonders. Aber auch darüber hinaus kann es unterschiedlich lange dauern, bis sich die Grasnarbe schließen will.

Oder eben Moos – so wie an meinem Holunderästchen. Sehen Sie sich das Mooskissen auf dem Titelfoto bitte noch einmal genauer an. Sehen Sie all die kleinen grünen Sterne? Hier fallen mir die Sternenkinder ein. Sternenkinder sind die Geschöpfe, die nicht lebend auf diese Welt geboren wurden. Die Angehörigen betrauern hier nun nicht den Verlust einer gemeinsam erlebten Vergangenheit, sondern den Verlust einer eigenen Zukunft(svariante) mit allen dazugehörenden Hoffnungen und Träumen, die dann zu Grabe getragen werden. Wie wunderbar, dass dem mehr und mehr Raum gegeben wird und auch die Bestattungen und Beisetzungen dahingehend sensibel gestaltet werden können.

Am Ende wird alles gut …

… und wenn es nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende.

So lautet die unbedingte und zwingende zweite Hälfte des Bonmots von Oscar Wilde. Oft wird vorrangig die erste Hälfte im Angesichts eines Trauerfalles bemüht, um die eigene Überforderung in Schach zu halten, dem anderen Hoffnung machen zu wollen. Aber anfangs ist und scheint und wird erst mal gar nichts gut. Das gilt es zu respektieren, zu akzeptieren. Jeder Mensch leidet maximal und muss sich zur Verarbeitung auf den aktiv und selbst gewählten Weg aufmachen. Und dann war es eben noch nicht das Ende.

Zum Ende dieses (ohnehin schon langen) Artikels hin möchte ich anführen, dass man China, gemäß der dortigen alten Tradition glaubt, dass die Seelen der Verstorbenen auf dem Rücken des Kranichs in den Himmel getragen werden.

Etwas unscharf, aber als Formation am herbstlich wolkenverhangenen gut zu erkennen – und gut zu hören

Daran muss ich dieser Tage immer denken, wenn ich über meinem Kopf, weit oben am Himmel dieses besondere Kreischen höre und mich stets frage, woher sie wissen, in welche Richtung es im Herbst gen Süden geht. Wie sie entscheiden, wer die Triangel-Pfeil-Formation anführt und wann sich dieser Vogel wieder in den Zug der anderen gesellt. Dabei staune ich, dass es bei diesen Manövern nicht zu Kollisionen oder Straucheln kommt.

Es ist meines Empfindens nach wohltuend, sich wenigstens ab und an von der geläufigen Vorstellung, die Zeit ist ein Pfeil, der aus der Vergangenheit kommt, gerade mal hier vorbeisaust, um irgendwo in der Zukunft ein nicht bekanntes Ziel anzupeilen.

Wie wäre es, wenn wir uns die Zeit als eine Spirale vorstellen, die ein Zentrum in immer weiter werdenden Kreisen umspannt? Wie die wiederkehrenden Jahreszeiten im Lauf des Jahres immer wieder die Achsen von Frühling, Sommer, Herbst und Winter passieren, so passieren vielleicht auch wir immer wieder dieselben wiederkehrenden Achsen in sich stets weitenden Kreisen, Ende offen.

Zum Ende des Jahres erwarten wir die Ankunft des neuen … des neuen Lichts, des Herrn … was auch immer Ihr Weltbild, ihr Glaube in diese drei Pünktchen projizieren will. Ich wünsche Ihnen von Herzen Licht auf allen Wegen und (mindestens) eine Person an der Seite, die Sie gegebenenfalls mal nach dem Weg fragen können,

Ihre Franziska Dannheim

 

 

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