
26 März Meine Heroinnen des Gesangs
Meine Heroinnen des Gesangs – um nichts Geringeres soll es in diesem Artikel gehen. Also um die Frauen, deren Stimme, deren Singen, deren Sein mich und mein Tun und Schaffen beeinflusst hat, vielleicht auch geprägt hat.
Was liegt da näher, als mit ihnen eine Reihe, ein Format zu begründen?! Nicht, um sie unter einen Hut zu bringen, das ginge vom ersten Versuch an schief – allein bei der Bandbreite von Stilistik, Lebensthematik.
Vielmehr möchte ich den Vieren oder besser Fünfen ein gemeinsames Tableau bereiten, um ihnen meine Wertschätzung, meine Bewunderung, mein Mitgefühl auszudrücken. Vielleicht auch, um sie und ihr Wirken ein Stück weit dem Vergessen zu entwinden. Vor allem aber auch, um ein erweitertes Bild – ein Gemälde zu entwerfen, das über die Klatschpressen-Repressalien hinausgeht. Ich möchte sie als ewig Funkelnde in den Sternenhimmel erheben – nichts Geringeres.
Sehr gerne bebildere ich diesen Artikeln mit den „Stempel-Illustrationen“ die der ausgezeichnete Fotograf und Illustrator Hajo Müller seit 2010 für all meine Programme und Formate entwirft – und die inzwischen eine bemerkenswerte Sammlung ausmachen. Was für ein Schatz, vielleicht sollte ich daraus ein Memory-Spiel machen …
Manchmal habe ich das Gefühl, aus der Zeit gefallen – besser geflogen zu sein. Modische Strömungen fließen nicht nur an mir vorbei, sie erreichen mich oftmals nicht, berühren mich nicht. Vielleicht, weil mit den „Strömungen“ eher ein Wasserelement einher geht oder fliest, und ich doch so viel mehr Luft-Element bin.
Luft zum Atmen, Atem zum Singen, Singen zum Leben – egal ob Oper, Tango oder Jazz. Völlig egal, was gerade modern ist oder klassisch.
Von Moden und Klassikern
Das Wort Mode bezieht sich auf das lateinische modus und bedeutet ‚Maß‘ oder ‚Art‘, eigentlich ‚Gemessenes‘ bzw. ‚Erfasstes‘. Damit bezeichnet es die in einem bestimmten Zeitraum geltende Regel, Dinge zu tun, zu gestalten, zu tragen oder zu konsumieren.
Moden sind immer Momentaufnahmen eines Prozesses kontinuierlichen Wandels. Die dann auch schnell in Vergessenheit geraten können. Vergleichsweise längerfristige Äußerungen des Zeitgeistes, die positiv bewertet werden, werden Klassiker genannt und haben in dem Zusammenhang nicht unbedingt etwas mit Musik zu tun.
Was hat das nun mit dem Titel und Thema dieses Artikels zu tun: meine Heroinnen des Gesangs? Da möchte ich zu allererst zur Klärung des Wortes schreiten:
Heroin – DIE oder DAS
Heroin – mit Betonung auf dem „O“ – benennt die weibliche Heldin aus dem klassischen Epos: Pentesileia, Semiramis, Judith und Lucretia. Allesamt Frauen, die tatsächlich reichlich Stoff für große Opern bieten. Natürlich werden jetzt Einige die extrem abhängig machende Rauschdroge mit gleichem Namen assoziieren: Heroin – mit Betonung auf dem „I“ – ist die synthetisch hergestellte Version des einstens natürlich vorkommenden Morphiums, das aus der Kapsel des Schalfmohns gewonnen wird, benannt nach Morpheus, dem griechischen Gott des Schlafes.
Als Schmerzmittel wirkt Morphium äußerst zuverlässig, macht aber eben extrem abhängig. Also suchte man nach einer nicht abhängig machenden Alternative. Ende des 19. Jahrhunderts brachte die Firma Bayer das neue, angeblich harmlose Wundermittel „Heroin“ – mit der Betonung auf dem „I“ – gegen vielfältigste Beschwerden auf den Markt.
Den Namen „Heroin“ erhielt es, weil sich damit selbst unmenschlichste Schmerzen heldenhaft ertragen ließen: „heros“ heißt auf griechisch „Held“. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts merkte man, dass die Substanz noch schneller süchtig macht als Morphin. Trotzdem blieb es sogar noch bis 1931 legal auf dem Markt.
Nach diesem kleine Ausflug möchte ich dringend zurück zu meinen Heroinnen, bei denen die Betonung auf dem „O“ liegt. Also sowohl bei dem Wort, als auch bei dem, was sie auslösen: Das „Oh“ der Bewunderung. Wobei ich feststellen muss, dass mir das geschriebene Wort nicht besonders gefällt, außerdem macht die Rechtschreibkorrektur immer „Herrinnen“ daraus – statt Frauen, wie dämlich. Vielleicht läuft es auch auf einen variierten Titel hinaus: „heroïnas“ … wir werden sehen.
Vorhang auf für:
Doris Day – Programm seit 2010, neu überarbeitet 2025
Doris Mary Ann von Kappelhoff. Viele Schicksalsschläge führten sie – notgedrungen – immer wieder in neue berufliche Gefilde. Ihre Sehnsucht nach einer „Heilen Welt“ hat sie in vier gescheiterten Ehen eines anderen belehrt. Vielleicht war es ihre engagierte Tierliebe, die sie ins hohe Alter von 97 Jahren begleitet hat.
„Ich hatte immer das Gefühl, dass das Leben nicht unbedingt die einfachste Sache ist. Ich habe mich entschieden, gerade aus zu gehen und zu versuchen, so unkompliziert, wie möglich zu sein. Das Wichtigste ist es doch, zu leben und zu lieben!“
Maria Callas – Oper légère „Tosca“ seit 2017
Maria Anna Cecilia Sophia Kalogeropoulos. Ihr und Ihrer Lebensgeschichte widme ich die 10. Produktion, der Tosca in unserer Reihe Oper légère, gemeinsam mit meiner geschätzten Pianistin Jeong-Min Kim. Es ist verblüffend, wie eng sich die Parallelen zwischen Callas und Onassis zur Bühnen-Tosca und Scarpia aufzeigen lassen. Toscas berühmte Arie „Vissi d’arte, vissi d’amore“ könnte beider Lebens-Motto kaum besser umschreiben.
„Es gibt Leute, die zum Glücklichsein geboren werden, und andere, die zum Unglücklichsein bestimmt sind. Ich habe einfach Pech gehabt.“
Whitney Houston – Programm seit 2024
Whitney Elisabeth Houston. Eigentlich wollte sie doch vielleicht nur auf der großen Spielwiese ihrer grandiosen stimmlichen Möglichkeiten herum toben. Aber da war niemand, der sie vor der Realität, dem Kommerz, dem Neid der anderen und vor sich selbst schützen konnte.
„Ob ich im falschen Business war? Nein. Ich hatte die falschen Leute um mich. Also singst du sie eben in Grund und Boden.“
Dies ist meine erste Produktion mit dem virtuosen Pianisten und Arrangeur Markus Stollenwerk.
Marylin Monroe – PREMIERE 2026 zu ihrem 100. Geburtstag
Norma Jeane Mortenson, getaufte Baker. Sie hat wohl in frühester Kindheit erfahren, wie es sich anfühlt, nicht gewollt zu sein. Und dann einen großen Teil ihres kurzen Lebens darauf geachtet, diesen Schmerz im Außen nicht zu zeigen.
„Das Leben ist, was du daraus machst. Ganz egal was, du wirst es manchmal vermasseln, das ist eine universelle Wahrheit. Aber das Gute daran ist, du kannst dir selbst aussuchen, wie du es vermasseln willst.“
Hier entstand die Idee zur Reihe.
Amy Winehouse – Zukunfts-Musik, voraussichtlich 2027
Amy Jade Winehouse. Sie ist wohl die nach Außen hin rebellischste meiner heroînas. Wobei die Rebellion mit all ihren Erfolgen, allem Schmerz, allem Unglück sie zur Galionsfigur des Club 27 erhoben hat.
„Viele haben Depressionen, aber nicht jeder hat ein Ventil dafür“
Was meine heroïnas vereint
Wenn ich abschließend nun doch versuchen möchte, einen gemeinsameren Nenner für meine Heroinnen zu finden, dann ist es vielleicht folgender: Ein Aufbegehren mit oder gegen bürgerliche Kleingeistigkeit in einer von Männern dominierten und abgezirkelten Geschäftswelt. Äußeres Erscheinungsbild als Projektionsfläche des Wunschdenkens einer sensationsgierigen Gesellschaft. Auf drei Punkte möchte ich es hier reduzieren.
- Gesang, als Überlebensstrategie in die Unsterblichkeit
- Fehlende Väter oder mehr am Geld, das die Töchter verdienten, interessierte
- dem folgend, sehnsuchtsgetriebene unausgewogene, zerstörerische Liebesbeziehungen
Weitere Anekdoten erfährt das interessierte Publikum während meiner Konzerte.
In meinem eigenen Mäandern, dem künstlerisch, kreativ schöpferischen kann ich mit jeder einzelnen von ihnen mitfühlen, ein Stück weit auch mitleiden, mitjubeln. Diese gewisse Melancholie, die sich manchmal im Rückzug, manchmal im Tanz auf der heißen Herdplatte zeigt, sie ist mir wohlvertraut, ohne anmaßend zu sein.
Nie würde ich versuchen wollen, so zu singen, wie sie. Einzigartig und unkopierbar ist jede auf ihre Weise. Was wäre es für ein jämmerlicher Abklatsch, sich im Nacheifern der Spitzentöne zu versuchen, im „So-tun-als-ob“ zwangsläufig zu scheitern.
Es geht nicht um „Tribut“ oder „Karaoke“, eben nicht darum, sich selbst, mich selbst im Gewand der anderen zu spiegeln, sondern vielmehr darum, ihnen meine Stimme zu leihen, auf dass ihre Geschichte, ihr Glanz vielleicht sogar sie selbst noch einmal zu Wort zu kommen – immer im Rahmen meiner Assoziationen, Phantasien & Möglichkeiten, also in Maßen.
Mit diesem Stichwort und Bezug zu Maß und Mode schließe ich den heutigen Bogen. Mein neues Format mit dem Pianisten Markus Stollenwerk wird die „quatras heroînas“ Doris Day, Whitney Houston, Marylin Monroe und Amy Winehouse umfassen. Vier ist ganz nebenbei meine Lieblingszahl.
Maria Callas bleibt (vorerst) in der Reihe „Oper légère“, in der Jeong-Min Kim & ich im kommenden Jahr 2026 ebenfalls eine Premiere feiern werden. Unsere 16. Produktion zum 20-jährigen Jubiläum:
16 = 4×4 … 20 = 4×5
Noch Fragen?
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